Montag, 11. August 2014

Wenn ich vor ihm sterben sollte, möchte er auf meiner Beerdigung Foxtrott tanzen, verspricht mir der 39-Jährige mit einem breiten Grinsen.

Da er jedoch viel älter ist als ich, hofft er natürlich, dass das nicht der Fall sein wird (Ich übrigens auch). Aber man kann ja nie wissen. Also: Wenn es eintreffen sollte, zwingt den guten Mann seinen Foxtrott zu tanzen!



Angst hat er 

vor dem Sterben nicht. Und eine bestimmte Vorstellung wie 
alles ablaufen soll, noch weniger. 
Er is ja dann
sowieso nicht 
mehr da.

„Ich bin eher der egoistische Typ. 
Ich hab ja leider nichts mehr 
davon, 
sodass
es mir egal ist, 

was es an 
Speisen gibt, 
wie die Leute aussehen oder was für Musik läuft“. 

Wirklich Egal?
Scheinbar schon.




Der Mann ist schon seit seinem elften Lebensjahr an Computern interessiert und gründet 2001 dann sein ganz eigenes Unternehmen. Klein aber fein.


Das reicht ihm aber nicht, sodass er seine (und meine ehemalige Stammkneipe) mit einem guten Freund übernimmt.
„Wir sind nicht nur Arbeitskollegen, sondern auch richtig gute Freunde“, sagt er und es klingt ganz danach als ob sie sich schon eine Ewigkeit kennen.

Zwei Jobs in einer Stadt. Die meisten sind schon mit einem vollkommen überfordert. Aber der eine Job in der Kneipe, gehört ja auch eher in die Kategorie "Jugendtraum verwirklichen".
Denn, wer hatte noch nicht den Gedanken mit einem guten Freund eine Bar zu schmeißen.

Zurück zur Beerdigung:

Sterben würde er gerne am „Herzkasper" und zwar schnell und schmerzfrei, verrät er. Und hofft natürlich auf einen günstigen Augenblick.
Gibt es so etwas überhaupt – einen günstigen Moment oder ein gutes Alter zum Sterben? Er denkt kurz nach.
..
„Mit 85 Jahren wäre vielleicht nicht schlecht, aber ich denke, das ändert sich mit der Zeit. Hauptsache schmerzfrei."


Der Wirt ist kein „klassischer Christ“, der an das Leben nach dem Tod glaubt. Wichtig ist ihm, dass er durch seine kleine Familie die Gewissheit hat, in seinen Kindern weiterzuleben.
Das beruhigt ihn. Mehr braucht er nicht.

Obwohl auch er ahnt, dass er irgendwann vergessen sein wird. 
„An meinen Großvater kann ich mich noch erinnern, an meinen Urgroßvater weniger und an meinen Ururgroßvater gar nicht, so wird es auch mit mir sein. Früher oder später."

Er hält nichts davon, eine Trauerfeier zu planen. Kommen kann jeder, den es interssiert.

Auch die ältere Dame mit kleinem Handtäschchen, die bei fast jeder Beerdigung
auftaucht (die aber keine Sau kennt).

Vielleicht hat sie es in der Zeitung gelesen oder im Pilateskurs erfahren. Sie wird auch da sein. Schmeißt ein wenig Erde auf sein Grab, und klammert sich an ihrer kleine Tasche fest.




Einen Funeralplanner braucht der Mann also nicht.

Schade. Einen Sarg in "Bier-Form", hätte ich mir bei ihm gut vorstellen können.
Plötzlich sagt er doch, dass ihm eins wichtig wäre:
„Verbrannt möchte ich nicht werden! Das hat aber nichts mit Religion zu tun, sondern eher aus Traditionsgründen."
Und er möchte vor seiner Frau sterben. 

„Sonst hat man zuviel zu tun“, sagt er und lacht.

Eine To-Do-Liste mit Aufgaben, die er bevor er abdankt verwirklichen möchte, hat der Mann, der gerne mal hinter dem Thresen steht, natürlich auch.


„Eigentlich habe ich das Wichtigste schon erreicht: Eine Familie gründen. Alles andere ist nebensächlich.“ Das nenn ich Romantik im 21 Jahrhundert. Hut ab!
Jede To-Do-Liste hat den ein oder anderen Punkt, der beim ersten durchlesen, kitschig, völlig bescheuert oder einfach nur suspekt erscheint. Doch ist es nicht genau diese Eigenschaft, die eine To-Do-Liste erst richtig interessant macht? Irgendwie schon.
Ob man sich nun vornimmt...
...in einen fremden Garten zu pinkeln
...vor einer grünen Ampel, mit dem Auto einfach stehen bleibt und alle wahnsinnig macht
...einmal mit dem Bobbycar durch den Drive-In zu fahren
...einem Obdachlosen ein Frühstück zu zahlen
...nackt im Supermarkt einzukaufen
...eine Patenschaft für ein Kind in Afrika zu übernehmen
oder barfuß im Regen zu tanzen...


Man muss es durchziehen. Die einzige Regel bei einer To-DO-Liste...sonst, ist man an nichts gebunden.



So ein sonderbares „To-Do“ hat der Kerl mit der "Fast"-Glatze natürlich auch in petto:

„Mit 15 Jahren habe ich mir vorgenommen niemals Miete zu bezahlen. Als Unternehmer ist mir das natürlich nicht gelungen, aber privat schon.“ Denn: Der Wirt hat mit seinen Brüder ein Haus gebaut und hat den Punkt somit schon früh abgehakt.


Ich schaue ihn an. Mir geht die Sache mit dem "Foxtrott-Tanz" nicht aus dem Kopf. Irgendwie schade, dass er den nur tanzt, wenn ich vor ihm abkratze. Davon hab ich ja dann leider nichts mehr. Wie wäre es also damit: Falls ich heiraten sollten, wäre es schön, wenn er auf meiner Hochzeit einen Foxtrott tanzt.
Ganz ungezwungen, und am besten mit seiner Frau.

Posted on Montag, August 11, 2014 by Doña Selvanegra

No comments

Mittwoch, 9. Juli 2014


Ich war schon immer anders als meine Mitmenschen“, sagt der 33-Jährige Halbitaliener. Seine Gabe ist es als „Medium“ zu agieren. Bei dem Begriff "Medium"denkt die Mehrheit sicher an sexy Jennifer Wieauchimmer aus der Serie Ghost Whisperer. Naja, die Realität sieht anders aus als im Märchen.

Was jedoch viele Leute als Humbuk bezeichnen, ist seine Berufung. Seit fünf Jahren tut er nichts anderes und fühlt sich besser denn je.
Ich habe plötzlich Bilder gesehen, wenn ich jemanden anschaute. Ich sah die Vergangenheit, sowie die Zukunft. Anfangs ging ich davon aus, dass ich „krank“ bin. Doch es stellte sich heraus, dass ich wohl eine Gabe habe, die man Hellsehen nennt. Als Medium ist man in allen Bereichen sensibler. Man fühlt alles, man sieht eine ganze Menge und darf das selbst erst mal ordnen, ganz für sich.“

Mit 27 Jahren wird ihm bewusst, dass er Fähigkeiten besitzt, die bei anderen möglicherwiese als spätpubertäres Verhalten bezeichnet wurden. Ein "Reiß-Dich-zusammen", reicht jedoch bei den meisten, um dann als Bankangestellter, Lehrer oder Erzieher zu arbeiten, statt mit ein paar Karten herumzuwirbeln.
Meine Aufgabe ist nicht das Hellsehen allein. Ich sehe mich als Impulsgeber, da ich jede Situation sofort erfassen kann und die Hintergründe sowie die Zusammenhänge sehe.“


Als Hellseher müsste er ja eigentlich sehen, wie er stirbt, oder etwa nicht?


Er verneint die Frage. Leider.

„Als Medium sieht man nicht, wie und wann man von der Erde gehen darf. Das weiß nur die Seele selbst
."
Gehen wir einfach mal davon aus, dass es wahr oder möglich sein könnte...wie stellt sich ein Medium seine Beerdigung überhaupt vor?


Im kleinen Kreise soll die Trauerfeier stattfinden. Am liebsten in seiner zweiten Heimat: Bella Italia.Dort ist es üblich, dass Familie sowie Freunde und Bekannte den Sterbenden besuchen und Abschied nehmen. Die Feier findet, anders als hier in Deutschland, während der Phase des Sterbens, statt."

"Mittendrin statt nur dabei" lautet somit die Devise.
Der Spirituelle kann so noch die letzte Feier mehr oder weniger genießen und bei seinen Gästen sein, die sich vielleicht vorher noch einmal eine ordentliche Portion Pasta in den Mund schieben, bevor sie dann für immer „Ciao“ sagen.


Freunde, flüchtige Bekannte, Familie und auch Feinde, sollen sich an sein Sterbebrett trauen.
Zwischen italienischen Konversationen, Bunga Bunga im Nebenzimmer und in der Nase der Geruch von Basilikum dann ins Jenseits wandern...so oder so ähnlich könnte kann man sich dann sein Ende vielleicht vorstellen.



Außer dem erklingen der Weingläser, soll noch jemand anderes den Ton bei der Feier angeben: Laura Pausini. Eine italienischen Pop-Sängerin, die der 33-Jährige zelebriert. Das hübsche Ding erinnert vom Aussehen eher an ein Playmate und gibt Lieder wie „Ich singe“ und „Hör zu“ zum besten.


Angst hat er vor dem Sterben nicht im Geringsten.
Seiner Ansicht nach, haben nur die Personen Angst vor dem Tod, die sich vor dem richtigen Leben fürchten.
Unser menschlicher Körper ist so zu sagen die Hülle, die wir benötigen um unsere Seelenaufgaben hier auf der Erde zu erledigen. Wir bauen in unseren Leben Karma auf aber auch ab. Wir gehen durch viele verschiedene Leben, spielen viele verschiedene Rollen bis wir irgendwann soweit sind, die letzte Inkarnation antreten zu dürfen.“


Mit dem Karma nun gut. Und mit dem Rollenspiel, ja das kennt man doch auch irgendwoher. Aber ob es dann wirklich irgendwo weiter geht...fraglich.Viele sehen da eher schwarz. Buchstäblich. Und das war's dann auch. Gern lassen wir uns aber vom Gegenteil überraschen.



 

Posted on Mittwoch, Juli 09, 2014 by Doña Selvanegra

No comments

Samstag, 5. Juli 2014























Dieses Jahr im Oktober werden 70 imaginäre Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte brennen. Ein Alter, das man ihr nicht ansieht. Doch ein Blick auf ihre Hände verrät, dass ihr Leben nicht spurlos an ihr vorbeigezogen ist. Ein Leben, hinter dem sich viele Geschichten verbergen:  Armut, Verluste von geliebten Personen, Militärputsch, unverwirklichte Träume,  aber auch positive Erlebnisse, wie die Geburt ihrer drei Söhne, ihr kleines Haus am Strand und der große Familienzusammenhalt, geben ihr in schwierigen Zeiten Halt. "Ich hatte ein schweres Leben, aus dem ich das beste gemacht habe", sagt sie und weiß, dass sie es weit besser gehabt haben könnte.

In diesem Alter denkt die Rentnerin mehr denn je an das Jenseits. Und wenn sie darüber nachdenkt, würde sie am Liebsten in einem Unfall sterben. "Auf einmal bin ich weg, ich will nicht an einer langjährigen Krankheit zugrunde gehen, bei der noch Dritte einen großen Leidensweg haben". Ihre Schwester ist vor langer Zeit an Krebs gestorben, sie hat den Verfall eines geliebten Menschen hautnah mitbekommen. „Einmal und nie wieder“, denkt sie dabei.

Geboren ist die 69-Jährige in Lota, eine Hafenstadt in Chile. Sie ist die älteste von fünf Geschwistern, aber diejenige, die von Technik am meisten versteht. Hier und da zückt sie ihr Handy und schreibt mit anderen Freundinnen, die auch weit über 60 Jahre alt sind, in Whatsapp. "Facebook hab ich selbstverständlich auch", sagt sie und lacht.  Sie muss schließlich wissen, was alle so treiben und als Rentnerin hat man dafür Zeit.
Einst war sie Lehrerin. Aus vollem Herzen. "Mir hat es eine Menge Spaß gemacht, denn ich liebe es mit Kindern zu arbeiten."
Die Chilenin hat ihren Beruf vorzeitig aufgeben müssen.
"Die Schüler spuckten mich an oder wurden gewalttätig, irgendwann konnte ich nicht mehr, die Schüler trieben mich in den Wahnsinn. Ich entschied mich dafür, weniger zu verdienen, aber meine Ruhe zu haben." Die einst begeisterte Lehrerin, unterrichtete auf einer staatlichen Schule, bei der es viele Kinder gab, die aus gewalttätigen Familien kamen."Sie kannten es ja auch nicht anders.“


Einen besseren Ehemann hätte die Chilenin durchaus haben können, aber manchmal läuft es eben anders. "Er trinkt und schlägt mich nicht", das ist für die 69-Jährige wichtig, da viel Gewalt und Alkoholismus in ihrer Familie herrschte. "Das wollte ich nie wieder erleben müssen!"


Insgeheim trauert sie doch ein bisschen. Über Jahre, die vergangen sind und nicht zurückkehren. Über verpasste Chancen, auf ein besseres Leben, anstatt mit 69-Jahren ohne Auto, jeden Tag den überfüllten Bus zu nehmen und eine Stunde in der Pampa der südamerikanischen Provinzen herumzufahren, um einen Arzt aufsuchen zu können. Ein Leben, von dem die Rentnerin sicher nicht geträumt hat.

Zu ihrer Beerdigung sollen nur Diejenigen kommen, die sie geschätzt haben, in schwierigen Momenten zu ihr gestanden haben und sie so kennengelernt haben, wie sie ist. Bestimmte Vorstellungen hat die 69-Jährige durchaus: "Ich liebe Tulpen, in all ihren Farben und Sonnenblumen soll es geben. Und zwar Viele!"


Beerdigungen sind für sie immer ein Grund zu weinen. "Furchtbar, aber ich bin so weinerlich", sagt sie und lacht. Aber es gibt schlimmeres, als im hohen Alter abzudanken.
Traurige Erlebnisse gab es allerhand in ihrem Leben, als in der Diktaturzeit von 1973 Freunde verschwanden, gefoltert wurden und sie viele nie wieder sah, obwohl man sich am Tag zuvor noch auf einen Café in der Stadt getroffen hatte. Auf einmal weg, keine Spur von ihnen und Fragen stellen durfte man auch nicht. "In solchen Momenten stirbt immer ein wenig von einem selbst.“

Doch eine Begebenheit schnürt ihr besonders den Hals zu und lässt ihre Stimme einen anderen Tonfall annehmen: Der Tod ihres ersten Kindes. Eine Todgeburt, die sie bis heute nicht verarbeiten konnte. "Seit dem Tag, kann ich mich auf nichts mehr aus vollem Herzen freuen, ich habe Angst, dass es dann doch anders kommt, wie es so oft der Fall war."

In schweren Situationen kommen ihr die Gedanken, dass sie vielleicht nie sterben wird, dass sie ewig auf der Erde herumspaziert, obwohl sie manchmal einfach die Schnauze gestrichen voll hat. Von ihrem Ehemann, von familiären Problemen, oder dass der Friseur ihr das Haar doch zu kurz geschnitten hat und sie nun aussieht, als wäre sie zwanzig Jahre älter. Sowas eben.


"Silvio Rodriguez. Er soll bei meiner Trauerfeier erklingen", wünscht sich die junggebliebene Ende 60-Jährige.
Der kubanische Liedermacher, der auch in Chile war und dort für viele Menschen das in Poesie verpackt hat, was sie in der Diktaturzeit empfanden, ist für die Chilenin mehr als nur ein Künstler. Sie hat die Musik des Kubaners an guten wie an schlechten Tagen gehört und kein anderer soll den Ton angeben, wenn sie zu Grabe getragen wird. Nur er.








Posted on Samstag, Juli 05, 2014 by Doña Selvanegra

No comments

Montag, 23. Juni 2014



































Wenn man ihre Wohnung betritt, merkt man, dass die Farbe rosa eine große Versuchung ist. Ob Besteck, Toaster, Zahnbürste, Schweine, Schuhe, Mülleimer oder sonst was - Rosa ist mehr als nur "Girly-Kram". Es gehört zu einem Lifestyle, der in dieser Wohnung durchaus nicht fehlen darf.

Ein Ankleidezimmer gibt es bei so einem richtigen Mädchen, wie sie es irgendwie ist, auch. Dort findet sich ein großer Schrank, bei der viele Frauen vor Neid erblassen würden.

Reißt man den gefühlten fünf Meter hohen Klotz auf, funkelt und riecht es nur so nach Tüll und Neugekauftem und dann doch
Nichtangezogenem. Auch ein schwarzes Pin-up Kleid mit weißen Punkten oder ein Outfit, wie es nur Alice im Wunderland tragen würde, finden sich dort. Und alles strikt nach Farben oder Stil sortiert.

Ordnung ist sie als angehende Visual Merchandiserin schließlich gewohnt. Die modebewusste 25-Jährige arbeitet bei H&M und wenn man sie so ansieht, erinnert ihre Optik ein wenig an eine Kreuzung aus Lady Gaga, Cher und Betty Rizze, die Anführerin der Pink Ladies in "Grease".

Mode ist für sie mehr als die Gewohnheit einem nackten Körper eine Hülle zu geben, die sich - im besten Fall - an einer Jahreszeit orientiert. Mode kann zu einem visuellen Orgasmus oder zu Brechreiz führen. Die junge Frau liebt Mode und darum sollte das bei ihrer "perfekten" Beerdigung auch keine Nebensächlichkeit sein. 

"Da sich mein halbes Leben, privat und im Job darum dreht, wer was anzieht und wie kombiniert, ist das für mich natürlich enorm wichtig."
So auch auf ihrer letzten Sause.

Wenn sich das Fashion Victim ihren Tod aussuchen könnte, dann wäre es mit Sicherheit kein Unfall. "Nach einem geilen Konzert wäre gut. Wenn ich dann völlig glücklich und besoffen im Bett liege und einfach nicht mehr aufwache."  

Kleidung nimmt auf ihrer letzten Feier einen hohen Stellenwert ein. Dabei geht sie nur von zwei Outfits aus, die für sie an diesem letzten Tag in Frage kommen.




"Wenn ich bis zu meinem Tod noch unverheiratet bin, wird das wohl das größte Event meines Lebens. Da würde ich dann schon gern ein Brautkleid tragen. Etwas geschmacklos vielleicht, aber einmal muss ich sowas haben."

Es besteht jedoch Hoffnung, dass sie heiratet und dann muss es ein Kleid sein, das man in ihrem Schrank findet und an das Mädchen erinnert, das einem Kaninchen folgt und sich Alice nennt.
"Es muss halt alles wunderbar zusammen passen sonst dreh ich durch und mich später im Grab um."

Einen eigenen Funeralplanner wird sie wahrscheinlich nicht haben, da sie zu misstrauisch ist, dass jemand ihren Geschmack nicht treffen könnte. Selbst ist die Frau lautet ihre Devise und am liebsten würde das H&M Frollein sofort loslaufen und ihr Kleid auswählen. Sicher ist sicher.

Bei den Gästen kann jeder kommen, der Lust hat. Nur eine Person ist unerwünscht: Ihr Mathelehrer aus der achten Klasse.

Das Mädchen, das so sehr auf Kleidung achtet wie andere auf ihren Garten, ihre Ernährung oder ihre Mundhygiene -  bejaht einen Dresscode in schwarz.
"Die Gäste sollten schon in schwarz kommen, verschleierte Hüte sind erwünscht, Männer im Anzug, ganz klassisch eben, dann fall ich ein letztes Mal so richtig auf."

Traditionsbewusst ist sie allerdings. Trauer ist erwünscht! Die junge Frau war ja mal wichtig oder ist zumindest davon ausgegangen.
Dennoch, die Trauerfeier muss auch "ein wenig kitschig sein, deshalb brauchen wir ganz furchtbare Rock-Schnulz Balladen", ist die 25-Jährige überzeugt.

Auf ein Detail legt sie vielleicht mehr Wert als andere.
Statt Kiefern-, Fichten- oder Eichenholz soll es schon etwas ganz Besonderes sein. "Der Sarg muss natürlich gut zu meinem Kleid passen. Aber das versteht sich wohl von selbst, ist ja wie eine große Handtasche - Nur dass ich eingepackt werde und nicht der ganze Krempel, den ich sonst mit mir rumschleppe."

Zur Not würde auch ein Sarg aus Glas gehen, der an das Märchen Schneewittchen erinnert, nur das die Lady in diesem Sarg recht wenig Chancen hätte, aufzuwachen. Pech gehabt, da kann der Prinz gleich wegbleiben.

Ihre große Liebe Mister Pelikan, ein Flamingo aus Plastik, der die besten Jahre auch schon lange hinter sich hat, darf an diesem Ehrentag nicht fehlen und soll sogar in den Sarg mit reingelegt werden. Einen großen Koffer mit Kleidern würde sie natürlich auch gerne mitnehmen, aber man kann ja nicht alles haben.

Selbst der Grabstein muss sich von weitem von den anderen unterscheiden. Dabei bevorzugt sie, wie könnte es anders sein, einen in pink. Die Form ist dabei ganz entscheidend: Die eines Einhorns.

Statt eines Bibelverses zieren andere Zeilen den Grabstein:
''Stressed, depressed but always well dressed!"
Doch nicht jedes Familienmitglied freut sich über solch ein Denkmal: "Meine Mutter ist übrigens total gegen so einen Grabstein, aber sie behauptet ja auch, ich trage nur rosa 'Dr Martens', um sie zu bestrafen."
 

Ein gutes Gefühl möchte sie ihren Gäste auch bei ihrer Beerdigung mit auf den Heimweg geben. "Eine geile Punkband, viel Bier und Pizza und zum Abschluss zur Musik von Blümchen völlig abgehen. So wie ich das halt am liebsten mache", so stellt sich die H&M Verkäuferin ihren letzten Tag vor und hofft natürlich, dass "Kleiner Satellit" auch bei ihrer Trauergesellschaft für gute Tanzstimmung sorgen wird.

 


Posted on Montag, Juni 23, 2014 by Doña Selvanegra

No comments

Sonntag, 22. Juni 2014

„Meine Beerdigung wird langweilig”, sagt er nüchtern.
Es ist ihm egal, wer alles kommt, sogar ob überhaupt jemand kommt,er ist ja sowieso nicht mehr da.

Mit „Er“ ist Andrés López gemeint. Der Mann ist Pastor in einer kleinen lutheranischen Kirche in Chile. Er hat keine Angst zu sterben und seiner Ansicht nach gibt es nicht den perfekten Moment, um abzudanken. Andés vertraut Gott. Was sonst, er ist schließlich Pastor und somit ist es seine Berufung. Mir wäre das dann doch zu einfach. Einem „Gott“ alles zu überlassen.

Dieser Pastor ist der Ansicht, dass die Fernsehkultur Schuld an einer Inszenierung des Lebens sei, bei der jeder Anlass zu einer Show wird. Hochzeiten, Trauungen oder einfach den Doktortitel bekommen…all diese Anlässe verbindet er mit zuviel Theater und bevorzugt daher die Schmucklosigkeit.

Die Rede auf der eigenen Beerdigung ist ihm auch nicht wichtig, „meine Familie soll das entscheiden, ich lege nicht allzu viel Wert darauf, Worte vergisst man schließlich“.
Ich frage mich langsam, ist ihm denn überhaupt etwas wichtig?

image

Doch auf einmal ein Lichtblick, ein Farbschimmer, eine persönliche Note.
Bach möchte er hören.
Andrés beschreibt sich selbst als kühl und unmotiviert seine letzte „Feier“ zu einer Inszenierung mutieren zu lassen. Ihm ist es wichtig zu Lebzeiten das Evangelium zu predigen und demnach sieht er seinen Tod weniger als etwas Tragisches an. „Das Leben ist mehr als eine biologische Existenz“.
Für ihn ist der Tod weder etwas negatives noch etwas positives und wenn er sich aussuchen könnte, wann und wo er sterben sollte, wäre es im Traum.
Er muss nicht lange darüber nachdenken, wie er seine eigene Beerdigung in drei Worten beschreiben könnte:
 „Protestantisch,
schmucklos
und keine pathetischen Worte.
Ich versuche aus dieser ganzen Nüchternheit doch noch einen geheimen Wunsch auf der eigenen Beerdigung zu entdecken.
Ausweglos.

Posted on Sonntag, Juni 22, 2014 by Doña Selvanegra

No comments


image

Sterben muss jeder. Auch die, die das Leben mit viel Glitzer und enorm hohen Highheels zelebrieren.

Victoria Bellatrice Violet ist eine Drag Queen, die schneller ein Bier leert, als ein langhaariger, in Matsch suhlender Wacken-Kandidat.
Einst stöckelte sie durch die Freiburger Gassen. Nun lässt Sie den Bodensee zum Whirlpool mutieren, bei dem Champus natürlich nicht fehlen darf.

Die "perfekte" Beerdigung sollte für sie mehr an eine Fashion Show von Donatella Versace erinnern als an eine Trauergemeinde wie sie im Buche steht.
„Die letzten Minuten vor dem Tod sollen einfach grandios sein.
Eine Party, bei Freunden im Club oder am Besten doch gleich auf der Theke. Das letzte Glas Sekt und die letze Zigarette ganz elegant im Liegen.
Oder vielleicht doch mitten auf der Tanzfläche?“

Sie weiß es selber nicht.

Sie könnte sich genauso gut vorstellen im Flugzeug den perfekten Abgang anzutreten, mit einem traumhaften Flugbegleiter der First Class an ihrer Seite, der den Fächer wie eine Flamenco Tänzerin schwingt, damit das fabelhaften Make-up nicht verläuft.
Wer will schon eine verschmierte Drag Queen Leiche?
Sterben ist für sie jedoch mehr als im Sarg zu landen und runterhängende Mundwinkel auf einer schmucklosen Trauerfeier -
„…nachdem sich dann alle auf’s Allerletzte verausgabt haben und ihre Trauerkarten geschrieben, ihr Mitleid ausgedrückt und schluchzend im stillen Kämmerlein geheult haben ist Schluss mit dem Trübsal blasen!“
Wo das ganze sich abspielen soll ist Nebensache!
Es soll vielmehr an Party erinnern als an eine Beerdigung.
“Die Schminke drauf, die Pumps angeschnallt, eine Flasche Wein gestürzt und ab geht die Fahrt Richtung Transen-Hölle.“
Doch wer darf bei dieser pompösen letzten (Trauer -) Feier nicht fehlen?

image


Es wird natürlich jeder eingeladen -
ob Freunde, flüchtige Bekannte oder Familie.
Bei Victoria Bellatrice Violet soll das ganze „Partyvolk“ anwesend sein und damit nicht genug, auch ein Promigast soll erscheinen; „Wer wäre da nicht besser geeignet als irgendein X-Y-Z-Promi aus den Klatschblättern, die unser tägliches Leben beherrschen?“

Den Personen, denen diese Drag Queen schon zu Lebzeiten ihre hohen Hacken in die Visage rammen wollte, sollten lieber wegbleiben! - „Ihr wisst ja: auch aus der Transenhölle werde ich euch noch fisten!

Schwarze Tracht ist auch für Vicky’s modebewusstes Verständnis fehl am Platz. Ein Appell an die Gäste könnte in der Traueranzeige dann etwa so lauten:„Holt den geilsten Fummel aus dem Schrank. Glamour pur und Luxus im Überfluss ist angesagt!“
Wieso auch nicht?!
„Durch die absolut durchgestylte “Trauer”-Gemeinschaft ist genug Tüll und Glitzer unterwegs“, so dass Vicky auf Deko gerne verzichtet.

Den Leichenschmaus sieht Vicky auch nicht als eine Notwendigkeit an. „Lieber eine LKW-Ladung Champus und Bier für die Lieben “Hinterbliebenen”. Es soll sich ja schließlich amüsiert werden.“

Und wahrlich, mit vollen Magen lässt es sich nicht gut twerken.
Ihren Körper Würmern zu überlassen, findet Sie dann aber doch ihrer nicht würdig:
„So eine Ganzkörper-Beerdigung ist nichts für mich! Meine Asche sollte irgendwo in einer schlichten aber atemberaubenden Vase in irgendeinem Club in der Abstellkammer stehen“.

Ihr Hauch von nichts soll also da verweilen, wo sie nächtelang gefeiert, das ein oder andere Glas Sekt zuviel getrunken und nicht vor Sonnenaufgang den Heimweg angetreten hat.

Doch ganz ohne Schnickschnack soll das Grab nun auch nicht sein.
Trocken sagt sie: „Ich würde meine drei größten Laster mitnehmen!
Zuerst natürlich eine Schachtel Kippen.
Eine Flasche Prickelwasser darf natürlich nicht fehlen.
Wer weiß denn schon wie lange der Weg ist?
Und last but not least Taxigeld - was wären wir Transen nur ohne diese unglaublich grandiose Erfindung des Taxis?“

image


So. Das war es dann also. Glamour trifft Erde.
Wer sich auf dieser (Trauer) Feier nicht amüsiert, ist selbst schuld, ist viel zu spießig, hat Angst das Mutti einen zur Adoption frei gibt, das man für völlig irre gehalten wird und hat im Grunde nicht verstanden auf was es Vicky ankommt.

Es geht nicht nur um den heißesten Fummel, die höchsten Stilettos oder das Maximum an Promille.
Zwischen den Zeilen liest sich eines besonders heraus:
TANZT. Auch auf meiner Beerdigung.
Den Tod kann man nicht aufhalten, warum dann nicht mit ihm tanzen?
Für einen kleinen Moment vergessen, dass sie nun nicht mehr auf der Tanzfläche sein wird.

Doch eine Geste vergisst man mit Sicherheit nicht,
…einem imaginären Glas entgegen zu prosten.
Auf Dich.

Posted on Sonntag, Juni 22, 2014 by Doña Selvanegra

No comments

Sterben.
Vor mehr als 200 Jahren war es trendy sich wie der gute Werther umzubringen. Heutzutage würde ich es schon wieder als out bezeichnen.
Es schockt mehr als das es zu einer Bewegung zählen könnte.
Viele Personen sind der Ansicht, dass eine Krankheit viel schlimmer als ein Unfall sei, da der Sterbeprozess zu langwierig ist und mit mehr Schmerzen (ob psychische oder physische) verbunden wird.

Ein Unfall, bei dem man sich gerade auf dem Weg in den Familienurlaub nach Italien befindet mit einem Toten enden zu lassen, wäre nicht die feine Art für den Abgang. Auch die Rückfahrt sollte friedlich verlaufen.
Sterben ist immer furchtbar, unerwartet und mehr als nur öde.
Dennoch, Tatsache ist, dass wir früher oder später alle sterben.
Ist es besser alleine von dannen zu gehen oder mit jemandem?
Fragen über Frage, die in diesem Blog mit Sicherheit unterschiedliche Antworten finden.

Gästeliste.

Wer darf bei der eigenen Beerdigung auf gar keinen Fall fehlen? Welche Personen sollten weder über die Beerdigung, noch über den Tod benachrichtigt werden? Es gibt immer einen Teil der Verwandtschaft beziehungsweise ein paar Personen, die man schon zu Lebzeiten verabscheut hat. Da sie anteilnahmelos am eigenen Leben vorbeigingen und sich mehr an den DOWNS als an den UPS ergötzt haben.
Diese Passivität würde sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht bei der Beerdigung ändern, im Gegenteil, es würde die Stimmung vermiesen.
Die engsten Verwandten und Kinder sollten natürlich dabei sein. Doch vielleicht sollte noch jedem ganz besonderes bei der letzten Feier erscheinen? Der “Las Vegas Elvis”, Guido Maria Gretschmer, Pamela Anderson, Lady Gaga, Yoko und Klaas oder Guildo Horn?

Dresscode.
Schwarz ist in vielen Ländern die Robe der Trauer, doch nicht überall.
Im asiatischen Raum ist es weiß und in Ägypten wird die Farbe Gelb mit Trauer assoziiert.

Schwarz ist meines Erachtens schon lange nicht mehr hip auf Beerdigungen. Es kommt natürlich immer darauf an, wer stirbt. Aber, wenn man es sich aussuchen könnte, würde man dann vielleicht ein Motto wählen? Komme in einem Jahrzehnt, als Diktator, bekenne Farbe, Vampire unter sich etc? Knigge sagt zwar, “Frauen und Männer sollten gedeckte Farben tragen; dabei muss es sich nicht zwangsläufig um schwarze Kleidung handeln, aber auf jeden Fall sollten Sie dunkle Farben bevorzugen”, aber schließlich geht es nicht um Knigges letzte (Trauer) Feier. Warum also nicht das rote Kleid anziehen, das Opa so schön fand oder die Levisjeans, bei dem der Arsch richtig gut zur Geltung kam und die Ehefrau den verstorbenen Gatten so kennen und lieben lernte.

Es gibt nicht richtig oder falsch, angemessen oder nicht, da jeder eine andere Vorstellung hat.

Ort der Besinnung.

Wo sollte die letzte Feier stattfinden? In einer Kirche? Zuhause? Im Lieblingscafé (das man dann selbstverständlich für den Tag bucht)? Es gibt verschiedene Orte an dem man eine Beerdigung erwartet, aber vielleicht sollte man ein wenig variieren, schließlich ist es in Kirchen sehr kalt und hallt sehr, so dass es nicht allzu gemütlich ist.
Sollten die Gäste sich nicht wohl fühlen?

Musik.
Oftmals erklingt grausame Kirchenmusik mit Versen wie “Gott wünscht …., Gott zeigt…”. Leider geht es an an diesem Tag nicht darum, was Gott erfreut und was Gott darüber denkt, sondern es geht um Klaus, Peter, Johannes, Magda, Stephanie, Sybille oder sonst wen und um seinen/ihren Musikgeschmack.
Sollte daher nicht Musik gespielt werden, die man auch zu Lebzeiten genoss? Statt dem monotonem Orgelgedulde, das einen möglicherweise an den Film “Schlafes Bruder” erinnnert, könnten sich die Gäste mit Singstar vergnügen und somit ein wenig für Stimmung sorgen.

Dekoration.

Außer einem Bild ist selten etwas von dem Verstorbenen anwesend. Wie wäre es mit einer Power-Point-Präsentation oder einen kleinen Ausstellung, die dem Toten gewidmet ist, mit all den wichtigen Momenten in seinem Leben?

Die Rede.
Hier kann meiner seiner Kreativität freien Lauf lassen, und sich nicht an irgendeinen Bibelvers binden, denn mal im ernst, ist es nicht das unpersönlichste überhaupt?

Dinnner.

Der Leichenschmaus. Bei diesem Programmpunkt hebt sich die Stimmung meistens. Es wird gutes serviert - von Kuchen bis zu einem deftigen Braten, ist dort meistens alles vorhanden. Die Gäste erinnern sich an den Verstorbenen und trinken meistens ein paar Gläser zuviel Schnaps. Ist dies angemessen und sollte man vielleicht sogar noch mehr trinken? Doch was für Speisen sollten serviert werden, gibt es irgendwelche Leckereien, die nicht fehlen dürfen?
Viele dieser Programmpunkte müssen oder können berücksichtigt werden, für den ein oder anderen spielt der eine Punkt eine größere Rolle als der andere.

Gibt es überhaupt die perfekte Beerdigung und was macht sie besonders aus?

Posted on Sonntag, Juni 22, 2014 by Doña Selvanegra

No comments